Mit der Umsetzung der Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie haben Verbraucher nur noch wenige Monate Zeit, ihre alten Darlehensverträge auf etwaige Fehler prüfen zu lassen. Unter Umständen können die Verträge noch widerrufen und eine teure Vorfälligkeits-entschädigung vermieden werden, sagt die Verbraucherzentrale Thüringen.
Wer aus einem laufenden Darlehen für Haus oder Eigentumswohnung aussteigen will, sieht sich nämlich mit happigen Forderungen seiner Bank oder Sparkasse konfrontiert. Die verlangte Vorfälligkeitsentschädigung kann einige zehntausend Euro betragen. Abhängig vom jeweiligen Vertrag kann der Ausstieg auch anders gelingen: per Widerruf. Diese Möglichkeit bietet sich, weil die von Geldinstituten verwendeten Widerrufsbelehrungen sehr oft nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.
"Die meisten Immobilienkreditverträge, die zwischen 2002 und 2010 geschlossen wurden, enthielten Fehler in den Widerrufsbelehrungen. Für Verbraucher bedeutete das, dass sie die Verträge auch noch Jahre nach dem Abschluss widerrufen und die Vorfälligkeitsentschädigung sparen konnten", sagt Andreas Behn, Referent für Finanzen und Versicherungen der Verbraucherzentrale Thüringen.
Akzeptiert das Geldinstitut den Widerruf, darf es keine Vorfälligkeitsentschädigung mehr verlangen. Der Kunde kann sich dann eine neue Baufinanzierung zu aktuellen Konditionen suchen. Eine bereits gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung kann in diesem Fall auch mehrere Jahre nach Kündigung noch zurückgefordert werden. Durch den Widerruf wird der Darlehensvertrag gemäß §§ 346 ff. BGB rückabgewickelt. Das bedeutet, die Bank oder Sparkasse bekommt den Darlehensbetrag soweit er noch nicht getilgt wurde zurück, der Verbraucher erhält im Gegenzug die von ihm gezahlten Raten (Zins- und Tilgung). In diesem Fall müssen Verbraucher recht kurzfristig das Restdarlehen zurückzahlen, daher sollten sie eine Anschlussfinanzierung parat haben.
Die Bundesregierung hat mit Zustimmung des Bundestages nun das Ende des "ewigen" Widerrufsrechts für Immobiliendarlehen beschlossen. Für Verträge, die zwischen dem 1. September 2002 und dem 10. Juni 2010 geschlossen wurden und deren Widerrufsbelehrung fehlerhaft war, erlischt das Widerrufsrecht am 21. Juni 2016. Bis zu diesem Zeitpunkt muss die Widerrufserklärung bei der Bank eingegangen sein.
In jedem Fall sollte ein Widerruf gut überlegt sein, was Zeit und fachliche Beratung erfordert. Ein Laie kann nicht beurteilen, ob die Widerrufsbelehrung in seinem Vertrag falsch ist. Außerdem müssen die Verbraucher damit rechnen, dass die Bank den Widerruf nicht ohne Gegenwehr akzeptiert und der Verbraucher notfalls klagen muss. Deshalb ist es ratsam, sich vorab juristischen Rat einholen.
Die Verbraucherzentrale Thüringen e.V. bietet die Überprüfung dieser Widerrufsbelehrungen in den Beratungsstellen Erfurt, Jena und Gera an. Die Beratung erfolgt nur nach vorheriger Terminvereinbarung unter 0361 / 555 14-0. Die Verbraucherzentrale Thüringen wird diese Prüfung in der Beratungsstelle Erfurt nur noch bis zum 31. Mai, in der Beratungsstelle Jena bis zum 2. Juni und in der Beratungsstelle Gera bis zum 3. Juni 2016 durchführen.
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