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Gutscheinzwang beschlossen: Das können Verbraucher jetzt tun

Pressemitteilung vom
Nach der aktuell von Bundestag und Bundesrat verabschiedeten Gutscheinlösung müssen Verbraucher statt einer Kostenerstattung für ausgefallene Veranstaltungen einen Wertgutschein akzeptieren. Die Verbraucherzentrale Thüringen gibt Tipps, was dabei zu beachten ist.
Zwei Konzertkarten der Veranstaltungsagentur Eventim
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Konzerte, Fußballspiele und andere Veranstaltungen werden wegen des Coronavirus abgesagt. Fitnessstudios bleiben geschlossen. Hatten Verbraucher dafür bereits gezahlt, bekommen sie in Zukunft nur unter bestimmten Voraussetzungen ihr Geld zurück. Denn nach der von Bundestag und Bundesrat verabschiedeten Gutscheinlösung müssen Verbraucher einen Wertgutschein akzeptieren. Die Verbraucherzentrale Thüringen gibt Tipps, was dabei zu beachten ist.

„Wir bedauern es, dass sich Bundestag und Bundesrat über die Empfehlungen der Verbraucherzentralen hinweggesetzt und einen Gutscheinzwang verabschiedet haben“, sagt Ralf Reichertz, Referatsleiter Recht bei der Verbraucherzentrale Thüringen. „Die neue Regelung hebelt das bestehende Verbraucherrecht auf Kostenerstattung aus. Dabei benötigen die Menschen gerade jetzt ihr Geld selbst und sollten weiterhin frei entscheiden können, wofür sie es ausgeben.“

Die Gutscheinregelung soll für Musik-, Kultur-, Sport- oder sonstige Freizeitveranstaltungen gelten, die aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden konnten oder können. Voraussetzung ist, dass die Karten vor dem 8. März 2020 gekauft worden sind. Als Freizeiteinrichtungen werden Museen, Freizeitparks, Tierparks, Schwimmbäder oder Sportstudios genannt. Aufgrund der sehr weiten Formulierung „sonstige Freizeitgestaltungen“ ist jedoch damit zu rechnen, dass beinahe sämtliche kostenpflichtige Veranstaltungen unter die gesetzliche Regelung fallen. Der Gutscheinzwang umfasst zudem auch Veranstaltungen oder Abonnements, die an mehreren Terminen stattfinden, wie etwa Musik-, Sprach- oder Sportkurse. Auch laufende Verträge mit Fitnessstudios sind hier eingeschlossen. 

Ausnahmen von Gutscheinregelung nur im Härtefall

Verbraucher können auf eine Auszahlung bestehen, wenn die Gutscheinlösung für Sie angesichts Ihrer Lebensumstände unzumutbar ist. „Dazu müssen sie beispielsweise nachweisen, dass sie ohne Auszahlung des Gutscheinwertes nicht in der Lage sind, existentiell wichtige Lebenshaltungskosten wie Miete oder Energierechnungen zu begleichen“, erklärt Ralf Reichertz. „Leider hat der Gesetzgeber wie auch im Falle der betroffenen ‚Freizeitveranstaltungen‘ sehr vage formuliert, welche Kriterien hierfür erfüllt sein müssen.“

Darauf sollten Verbraucher achten

Einen Gutschein erhalten Verbraucher nur, wenn sie den Veranstalter zur Erstattung des von ihnen gezahlten Betrags auffordern. Dies kann er ihnen verweigern, sobald das neue Gesetz in Kraft getreten ist, und ihnen stattdessen einen Gutschein anbieten.

Grundsätzlich dürfen dem Verbraucher im Zuge der neuen Regelung nur Wertgutscheine ausgestellt werden, wenn explizit auf Covid-19 als Grund der Veranstaltungsabsage verwiesen wird.

Verbraucher sollten den erhaltenen Wertgutschein genau prüfen. Dieser muss die entrichteten Kosten in voller Höhe umfassen, d.h. einschließlich aller entrichteter Gebühren wie etwa für Vorverkauf oder Versand.

Die Summe auf dem Gutschein müssen Verbraucher beim Veranstalter der ausgefallenen Veranstaltung frei für all seine Angebote nutzen können. Wählen sie eine Veranstaltung, die weniger kostet als die ausgefallene, erhalten sie die Differenz als Guthaben.

Für Wertgutscheine, die bis 31. Dezember 2021 nicht eingelöst werden, können Verbraucher die Auszahlung des Wertes verlangen.

Die Gutscheine sind nicht gegen Insolvenz abgesichert. Geht ein Veranstalter Pleite, bleibt der Verbraucher vermutlich auf den Kosten sitzen. Der Kunde trägt zudem nicht nur dieses Insolvenzrisiko, sondern auch das Preissteigerungsrisiko, wenn etwa Miete oder Dienstleistungen im Rahmen der Veranstaltung teurer werden. Beides haben die Verbraucherzentralen an der neuen Gutscheinlösung kritisiert.

Achtung: Es ist auch nach der neuen Gesetzeslage nicht zulässig, dass der Veranstalter Sie auf einen späteren Termin der ursprünglichen Veranstaltung vertröstet. Solche „Sachgutscheine“ für einen späteren Eintritt zu einem Termin, an dem Sie vielleicht nicht können, müssen Sie nicht akzeptieren. Ihnen steht ein Wertgutschein zu, den Sie nach Ihren Vorstellungen quasi wie Geld beim Veranstalter verwenden können.

Hier finden Verbraucher neben vielen weiteren Informationen zu abgesagten Veranstaltungen einen Musterbrief für den Fall, dass eine Veranstaltung verlegt werden soll. Dieser Musterbrief wurde inzwischen um die Härtefall-Regelung ergänzt.

 

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wiedergibt.

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