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Schlank und potent mit Pillen aus dem Internet?

Stand:
Nahrungsergänzungsmittel aus dem Internet - und über soziale Medien wie Facebook, Instagram oder Werbung in Spiele-Apps - können illegale und hochgradig gesundheitsschädliche Substanzen enthalten. Schlank und potent? Fehlanzeige!
Schlank und potent mit Pillen aus dem Internet?

Das Wichtigste in Kürze:
Kann Schadstoffe enthalten!

  • Auch wenn sie als "natürlich" und "rein pflanzlich" beworben werden - häufig enthalten Schlankheits- und Potenzmittel aus dem Internet synthetische und teils illegale Substanzen.
  • Derartige Produkte können bei der Einfuhr vom Zoll beschlagnahmt werden, im schlimmsten Fall droht eine Strafanzeige wegen Imports nicht zugelassener Arzneimittel.
  • Um wirklich sicher zu gehen keine gefährlichen Schlankmacher oder Potenzpillen einzukaufen und einzunehmen, sollten Sie sich ärztlichen Rat holen oder in der Apotheke beraten lassen und online nur bei seriösen Versandapotheken bestellen bzw. nur solche Produkte ordern, die Sie auch im hiesigen stationären Handel kaufen können.
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Was steckt hinter der Werbung zu Schlankheits- und Potenzmitteln aus dem Internet?

"Super-Lover"-Kaugummis, die statt der Potenz eher Herz und Kreislauf an den Rand des Kollapses bringen oder "Ayurvedische Schlankheitskapseln", die sich bei genauer Analyse als schwermetallbelastet entpuppen: Fast jedes dritte Produkt ausländischer Herkunft, das online oder über soziale Medien bestellt wird, enthält für Käufer:innen nicht erkennbare, illegale und hochgradig gesundheitsschädliche Substanzen.

Das hat die Verbraucherzentrale NRW bereits 2011 bei einer Studie über den Internethandel mit angeblich natürlichen Nahrungsergänzungsmitteln festgestellt. Dass sich daran bislang wenig geändert hat, zeigen regelmäßige Meldungen verschiedener Behörden. Die Datenbank "Gepanschtes" meldete im Oktober 2021 mehr als 2.300 Produkte. Leider wird sie aufgrund fehlender Finanzierung nicht mehr fortgeführt. Auch hier im Portal müssen wir regelmäßig Warnungen veröffentlichen.

Eine ähnliche Untersuchung hat die italienische Verbraucherschutzorganisation Altroconsumo im Frühjahr 2022 gemacht: In einem  Marktcheck zu Diätpillen im Onlinehandel (Amazon, eBay, Alibaba etc) wurden 30 Produkte untersucht. Eines enthielt Amphetamine, ein anderes Yohimbe. Auch Saliczylsäure wurde gefunden. Bei manchen Produkten war nicht das drin, was drauf stand. Lediglich bei einem einzigen Produkt war die Kennzeichnung korrekt.

Auf was kann ich bei der Verwendung von Produkten für Schlankheit und Potenz achten?

  • Auf den Packungen aufgedruckte Warnhinweise und Gegenanzeigen, die viele normalerweise vom Kauf abhalten würden, fehlen im Internet und in sozialen Medien wie Facebook, Instagram oder als Werbung in Spiele-Apps häufig.
     
  • Werbung mit "Natur" oder "natürliche Wirkstoffe" sind keine Garantie für Sicherheit, z. B. wirken schon geringste Mengen Eisenhut, Engels­trompete oder Stechapfel als gefährliches Gift. Auch die Behauptung "natürliche Stoffe haben keine Nebenwirkungen" ist Humbug, ganz im Gegenteil gibt es bei diesen besonders häufig Wechselwirkungen mit Medikamenten.
     
  • Informieren Sie sich auf Internetseiten mit öffentlichen Warnungen wie zum Beispiel Verbraucherwarnungen zu Nahrungsergänzungsmitteln, dem Portal www.lebensmittelwarnung.de oder www.gutepillen-schlechtepillen.de (Daten bis 2021), ob schon einmal gesundheitsschädliche Stoffe im Produkt gefunden wurden.
     
  • Prüfen Sie die Produktrezensionen sorgfältig, nicht selten handelt es sich um gekaufte Fake-Rezensionen. Übrigens verstecken sich in diesen angeblichen Rezensionen auch gerne alle die krankheitsbezogenen Werbeaussagen, die für ein Produkt normalerweise nicht getätigt werden dürfen – unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit.
     
  • Achtung Falle: Web-Seiten in deutscher Sprache oder die Abbildung der deutschen Flagge können leicht über den tatsächlichen Sitz der Anbieter hinwegtäuschen. Ein Blick in das Impressum verrät mehr. Prüfen Sie, ob die Web-Seite ein Impressum hat und ob sich dort eine Person oder Organisation für die Web-Seite verantwortlich zeigt (vollständige, tatsächlich existierende Postanschrift, deutsche Telefonnummer)! Prüfen Sie, ob Ortvorwahl und Versand- bzw. Rücksendeadresse identisch sind mit den Daten aus dem Impressum. Hier bekommen Sie weitere Informationen zum Interneteinkauf.
    Auch Fake-Shops können ein Problem sein. Hier geht es zum Fakeshop-Finder.
     
  • Was im Ausland als Nahrungsergänzungsmittel gilt, wird unter Umständen in Deutschland als Arzneimittel eingestuft. Da ein Import von Medikamenten aus dem Nicht-EU-Ausland verboten ist, gibt der Zoll die Produkte nicht frei - Sie erhalten dann die bestellte und bezahlte Ware nicht. Im schlimmsten Fall kann sogar eine Strafanzeige wegen Imports illegaler Arzneimittel drohen. Hier erfahren Sie, was Sie beim Einkauf von Nahrungsergänzungsmitteln im Ausland beachten sollten - auch mit Blick auf anfallende Einfuhrsteuern und Zölle (Freibeträge gibt es seit Juli 2021 nicht mehr).
     
  • Wenn Sie krank sind oder regelmäßig Medikamente einnehmen, sollten Sie vor der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln unbedingt ärztlichen Rat einholen, ggf. auch Rücksprache in der Apotheke halten. Denn zahlreiche Präparate, vor allem solche mit Pflanzenextrakten, können Wechselwirkungen mit Medikamenten haben, diese abschwächen oder verstärken.
     
  • Werden eigentlich verschreibungspflichtige Medikamente, wie z.B. der Wirkstoff Semaglutid (Markennamen: Ozempic®, Wegovy®) bzw. Liraglutid (Markenname: Saxenda®) oder Tirzepatid (Markenname: Mounjaro® bei Diabetes, Zepbound® zur Gewichtsreduktion in den USA) - Wirkstoffe für Menschen mit Diabetes und als Lifestyle-Medikament zur Gewichtsreduktion bei Adipositas) - oder Sildenafil/Tadalafil (Potenzmittel), im Internet ohne ärztliches Rezept angeboten, verzichten Sie Ihrer Gesundheit zuliebe auf den Kauf. Grundsätzlich sind Fälschungen und Falschdosierungen nicht ausgeschlossen - und Sie machen sich unter Umständen sogar strafbar. Im Oktober 2023 wurde ausdrücklich vor Ozempic-Fälschungen gewarnt. Eine im August 2024 veröffentlichte Studie zeigt, dass es sich bei vielen der Online-Apotheken, die rezeptfreies Semaglutid anbieten, mit hoher Wahrschein­lich­keit um betrügerische Unternehmungen (Scam) handelt. Mittlerweile warnen sowohl die Europäi­sche Arzneimittelagentur (EMA) als auch die US-Arzneimittelbehörde FDA und die Weltgesundheitsorganisa­tion (WHO) vor gefälschten Versionen semaglutidhaltiger Abnehmpräparate im Internet.
    Die AOK Nordost warnt im Mai 2024 vor einer Häufung gefälschter Papierrezepte, die Kasse spricht von einer „Betrugswelle“. Jedes 10. in den Apotheken vorgelegte Rezept (zur Kostenübernahme) für die Produkte Ozempic (Semaglutid von Novo Nordisk), Trulicity (Dulaglutid von Eli Lilly), Mounjaro (Tirzepatid,von Eli Lilly) sowie Pegasys (PegInterferon alfa-2a von Roche) sei gefälscht.

Wenn Sie sicher gehen möchten, keine gefährlichen Schlankheitsmittel oder Potenzpillen zu kaufen und einzunehmen, lassen Sie sich in Arztpraxis oder Apotheke beraten und bestellen Sie online nur bei seriösen Versand­apotheken, die im Arzneimittel-Versandhandelsregister registriert sind. Am besten ordern Sie nur solche Produkte online, die Sie auch im hiesigen Handel frei kaufen können. Sofern bei Ihnen nur geringste Zweifel daran bestehen, dass ein Produkt absolut unbedenklich ist, sollten Sie besser die Finger davonlassen!

Video: Schlankmacher online kaufen: Das sind die Gefahren

Erst wenn Sie auf "Inhalte anzeigen" klicken, wird eine Verbindung zu YouTube hergestellt und Daten werden dorthin übermittelt. Hier finden Sie dessen Hinweise zur Datenverarbeitung.

Was hat es mit den Pillen und Pulvern auf sich?

Grundsätzlich sind Nahrungsergänzungsmittel keine Heilmittel, die Potenzstörungen oder Übergewicht beseitigen können. Es sind Lebensmittel. Sie sollen keine Krankheiten heilen, sondern die normale Ernährung ergänzen, zum Beispiel mit Calcium bei Milchunverträglichkeit. Sie können zwar durch Nährstoffmangel bedingte Symptome verbessern, sollen aber weder Schmerzen lindern noch Krankheiten heilen - das ist die Aufgabe von Arzneimitteln. Deswegen werden sie im Gegensatz zu Arzneimitteln weder zugelassen noch von Behörden auf ihre Wirkung geprüft.

Wer mit gesundheitsbezogenen Aussagen für Nahrungsergänzungsmittel wirbt, muss sich gemäß der Health-Claims-Verordnung an eine Liste mit erlaubten Werbeaussagen halten.

Welche Inhaltsstoffe sind in Schlankheits- und Potenzmitteln enthalten?

"Natürlich" oder "rein pflanzlich" sind die Produkte aus dem Ausland in den seltensten Fällen. Im günstigsten Fall sind die gekauften Pillen und Pulver völlig wirkungslos. Tatsächlich findet die Lebensmittelüberwachung aber häufig Mittel, die neben den angegebenen, relativ harmlosen Substanzen, wie Vitaminen, Mineralstoffen, Kräuterauszügen zwar wirksame, aber gleichzeitig auch höchst riskante Arzneistoffe enthalten. Diese sind entweder verschreibungspflichtig, wegen Gefährlichkeit vom Markt genommen oder aber verbotene synthetische Arzneistoffe, die den echten verschreibungspflichtigen sehr ähnlich sind.

Dazu gehören beispielsweise Sibutramin bei Schlankheitspillen,  das potenziell krebserregende Abführmittel Phenolphthalein oder das sehr gefährliche Dinitrophenol DNP, aber auch das gefährliche 1,4-Dimethylamylamin (DMAA, Methylhexanamin). Bei Potenzmitteln findet man häufig verschreibungspflichtige Arzneisubstanzen wie Tadalafil oder Sildenafil oder chemisch sehr ähnliche Substanzen.

Zum Nachhören: Wem Nahrungsergänzungsmittel helfen

Wem helfen Nahrungsergänzungsmittel wirklich? Wie wirken sie? Und was ist von den Versprechungen zu halten, mit denen Nahrungsergänzungsmittel beworben werden? Im Podcast beleuchtet Ernährungsexpertin Sabine Holzäpfel von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg diese Fragen im Gespräch mit Niklaas Haskamp.

 

Quellen:


Verbraucherzentralen: Nahrungsergänzungsmittel aus dem Internet - Schwerpunkt Schlankheitsmittel, Abschlussbericht eines vom BMELV geförderten Projekts (2012) aus der bundesweiten Gemeinschaftsaktion zu NEM von 2011

Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: Marktcheck Internethandel mit Nahrungsergänzungsmitteln, Abschlussbericht eines vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen geförderten Projekts. (2011)

Stiftung Warentest: Potenzmittel und Schlankheitsmittel: Gefährliche Pillen aus dem Netz. Stand: 18.01.2012

Swissmedic Schweizerisches Heilmittelinstitut: Gefährliche Schlankheitsmittel Stand 05.05.2015 (eingesehen am 24.05.2024)

Swissmedic: Update-Warnung vor den Abmagerungstees Esillaa und Alpiflor. Mitteilung vom 03.03.2020 (eingesehen am 24.05.2024)

Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz: Schlankheitsmittel - Gefahr aus dem Netz. (eingesehen am 24.05.2024)

Gute Pillen – schlechte Pillen. Datenbank Gepanschtes, Stand: Dezember 2021 (eingesehen am 24.05.2024)

Europäisches Schnellwarnsystem RASFF (eingesehen am 24.05.2024)

Altroconsumo (2022): Integratori dimagranti: indagine Altroconsumo su regolarità prodotti e dichiarazioni in etichetta. Stand: 26.04.2022 (eingesehen am 24.05.2024)

Regierungspräsidium Freiburg warnt vor gefälschtem Arzneimittel, Pressemeldung vom 05.10.2023 (eingesehen am 24.05.2024)

AOK Nordost meldet „Welle“ gefälschter Rezepte. Ärztezeitung online vom 07.05.2024

WHO issues warning on falsified medicines used for diabetes treatment and weight loss. Stand: 20.06.2024

Ashrad AR et al. (2024): Safety and Risk Assessment of No-Prescription Online Semaglutide Purchases. JAMA Network Open, 02.08.2024
 

Mehr zum Thema:

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Schlank­heits­mittel im Test - Ganz einfach dünner werden – geht das? - Stiftung Warentest, Stand:

Programme und Medikamente zum Abnehmen - Gesundheitsinformation.de, Stand: 24.08.2022

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