Der BGH bestätigt mit diesem neuerlichen Urteil seine Rechtsprechung zu Prämiensparverträgen. Schon mit dem Urteil vom 14. Mai 2019 (XI ZR 345/18) hatte der BGH geklärt, unter welchen Voraussetzungen Prämiensparverträge gekündigt werden konnten. Trotzdem haben viele Sparkassen weiterhin Prämiensparverträge gekündigt, weil sie das BGH-Urteil aus dem Jahr 2019 für ihre Verträge nicht für anwendbar hielten.
„Das Urteil des BGH ist ein Paukenschlag für alle betroffenen Sparenden. Auch die Kündigung von Sparverträgen mit einer Prämienstaffel, die sich an der Jahressparleistung orientiert, war rechtswidrig“, sagt Andreas Behn, Referatsleiter Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Thüringen. Der BGH bestätige damit die Rechtsauffassung der Verbrauchzentrale und hebe ein früheres Urteil des Landgerichts Gera auf, das noch zugunsten der Sparkassen ausgefallen war.
In seinem Urteil war der BGH zu dem Ergebnis gekommen, dass das Recht zur ordentlichen Kündigung bei Prämiensparverträgen, bei denen die Prämien auf die Sparbeiträge nach dem Verhältnis des Sparguthabens zur Jahressparleistung steigen, bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen ist. Diese Prämiensparverträge wurden von vielen Sparkassen unter der Bezeichnung „S-Vermögensplan“ verkauft.
Urteil hat direkte Auswirkung auf jüngste Kündigungen
„Das Urteil stärkt allen Sparenden den Rücken, die eine Kündigung ihres Prämiensparvertrages erhalten haben“, sagt Andreas Behn. Zuletzt hatte die Sparkasse Gera-Greiz ihren Kund:innen ihre unbefristeten Sparverträge zum 31. Oktober 2023 gekündigt und sich bei der Begründung auf die angespannte Ertragslage der Kreditinstitute berufen.
„Wer die Kündigung zu Ende Oktober erhalten hat, sollte dieser jetzt widersprechen, sich auf das jüngste Urteil des BGH berufen und auf eine Fortführung des Sparvertrages pochen“, so der Finanzexperte. Gleiches gelte für Kund:innen anderer Thüringer Sparkassen, die in den letzten Monaten und Jahren die Kündigung ihrer Prämiensparverträge erhalten haben und deren Ansprüche noch nicht verjährt sind, bzw. die keine Vergleiche oder Vereinbarungen über die Aufhebung ihrer Sparverträge abgeschlossen haben.
Dies betrifft unter anderem folgende Kreditinstitute:
- Sparkasse Altenburger Land
- Kreissparkasse Nordhausen
- Wartburg Sparkasse
- Kreissparkasse Unstrut-Hainich
- Sparkasse Mittelthüringen
- Sparkasse Jena-Saale-Holzland
„Wir sehen diese Sparkassen jetzt in der Pflicht, die Ansprüche ihrer Kundinnen und Kunden gemäß des jüngsten BGH-Urteils zu prüfen und auf die Sparenden zuzugehen“, betont Andreas Behn.
Rückenwind für Klage gegen Sparkasse Altenburger Land
Auswirkungen hat das BGH-Urteil auch auf die Musterfeststellungklage, die der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) aktuell gegen die Sparkasse Altenburger Land führt. Die Sparkasse hatte im September 2020 rund 6000 Verträge vom Typ S-Vermögensplan gekündigt.
„Das Urteil ist richtungsweisend für die vom vzbv geführte Musterfeststellungsklage“, sagt Dirk Weinsheimer, Referatsleiter Rechtsdurchsetzung bei der Verbraucherzentrale Thüringen. Bislang erfolgte angesichts des Urteils seitens der Sparkasse jedoch keine Reaktion im Hinblick auf die Klage.
Verbraucher:innen, denen der Prämiensparvertrag durch die Sparkasse Altenburger Land gekündigt wurde, können nach wie vor an der Musterfeststellungsklage des vzbv teilnehmen. Dazu müssen sie sich in das Klageregister beim Bundesamt der Justiz für dieses Verfahren eintragen oder eintragen lassen. Weitere Informationen zur Musterfeststellungsklage finden sich hier.
Unterstützung erhalten Verbraucher:innen auch bei der Verbraucherzentrale Thüringen unter Tel. 0361 555 14 0.
Hier können sich Betroffene selbst in das Klageregister zur Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Altenburger Land eintragen.