Generell begrüßen die Verbraucherzentralen Thüringen und Nordrhein-Westfalen die geplante Reform des Postgesetzes durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Das am 26. Januar veröffentlichte Eckpunktepapier dazu beinhalte wichtige Ansätze für eine Anpassung des Postwesens an die neuen Herausforderungen der digitalen Welt, so die Verbraucherschützer:innen.
Zustellvorgaben und „Zwei-Klassen-Zustellung“
So gibt es beispielsweise die Idee, die derzeitigen Zustellzeiten von Postsendungen zu überdenken. Derzeit müssen 80 Prozent der Briefsendungen im Jahresdurchschnitt am nächsten Werktag zugestellt werden. Daran muss aus Sicht der Verbraucherzentralen nicht zwingend festgehalten werden. Auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeit ist eine moderate Verlängerung der Zustellzeit um einen Tag sinnvoll. „Soll es zu einer Verlängerung der Zustellfrist kommen, müssen allerdings die gesetzlichen Zustellfiktionen angepasst werden“, fordert Ralf Reichertz. Diese Zustellfiktionen sehen beispielsweise bisher vor, dass ein per Brief übermittelter Verwaltungsakt durch Behörden am dritten Tage, nachdem er bei der Post aufgegeben wurde, als bekanntgegeben gilt.
Kritisch sieht der Verbraucherschützer die zuletzt von Anbietern und der Bundesregierung ins Gespräch gebrachte „Zwei-Klassen-Zustellung”. „Neben der Anpassung der Zustellzeiten gibt es keinen Bedarf für einen Brief zweiter Klasse”, so Reichertz. „Es ist zu befürchten, dass diese Herabstufung des Standardbriefes einer Preiserhöhung durch die Hintertür gleichkäme. Hier sollte weiterhin eine erstklassige Versorgung mit Postdienstleistungen sichergestellt werden.“
Digitalisierung mit Augenmaß
Die Weiterentwicklung digitaler Angebote sei notwendig, müsse aber mit Rücksicht auf alle Bevölkerungsgruppen geschehen, so die Verbraucherschützer. Es dürfe nicht zu einem Ausschluss von Menschen kommen, nur weil sie mit dem Fortschritt der digitalen Welt nicht Schritt halten können oder weil die technischen Voraussetzungen in bestimmten ländlichen Regionen nicht gegeben sind. „Postdienstleistungen müssen für alle Verbraucherinnen und Verbraucher vor Ort verfügbar bleiben“, fordert Ralf Reichertz. „Sie dürfen nicht ausschließlich durch digitale Alternativen ersetzt werden.“
Anreize für mehr Nachhaltigkeit
Um Postdienstleistungen nachhaltiger zu gestalten, ist laut Verbraucherzentrale vor allem die letzte Etappe der Anlieferung entscheidend. Transportunternehmen sollten verpflichtet werden, Synergien zu bilden und gemeinsam die sogenannte letzte Meile bis vor die Haustür zu planen. Auch bereits vorhandene Infrastruktur wie Paketboxen sollten gemeinsam genutzt werden. Hierdurch würde laut Verbraucherschützer Reichertz der CO2-Ausstoß der Anbieter verringert. Zudem könnten auch die Kund:innen ihre Sendungen ohne zusätzliche Wege abholen. Eine mögliche CO2-Kennzeichnungspflicht für Pakete ist so auszugestalten, dass Greenwashing – zum Beispiel durch den Kauf von Zertifikaten – wirksam verhindert wird.
Weitere Informationen:
Das gesamte Positionspapier der Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen und Thüringen zur Novellierung des Postgesetzes gibt es unter www.vzth.de/node/82279