Die Sparkasse Altenburger Land hat im Jahr 2020 rund 6.000 Prämiensparverträge des Typs „S-Vermögensplan“ gekündigt. Dagegen hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) beim Thüringer Oberlandesgericht eine Musterfeststellungsklage eingereicht, der sich rund 400 Verbraucher:innen anschlossen. Nun, im Juni 2024, haben beide Seiten den Rechtsstreit abgekürzt und sich auf einen außergerichtlichen Vergleich verständigt.
Das Ergebnis: Die beteiligten Verbraucher:innen können ihren Prämiensparvertrag weiterführen oder zwischen zwei Arten der Abfindung wählen.
Der Vergleich bedeutet einen großen Erfolg für die beteiligten Verbraucher:innen und den vzbv. Er geht weit über das hinaus, was das ursprünglich angestrebte Urteil erreicht hätte. So wurde nicht nur festgehalten,
- dass die Kündigungen durch die Sparkasse hinfällig sind, sondern auch geregelt,
- zu welchen Konditionen die Verträge weitergeführt oder beendet werden können. Das hätte bei einem Urteil jede bzw. jeder Einzelne selbst mit der Sparkasse Altenburger Land klären müssen.
In diesem Artikel beantworten wir die häufigsten Fragen zum Vergleich zwischen dem vzbv und der Sparkasse Altenburger Land.
Worum ging es in dem Verfahren vor Gericht?
Die Sparkasse Altenburger Land hat im Jahr 2020 zirka 6.000 Sparverträge des Typs „S-Vermögensplan“ gekündigt, die in den 1990er- und 2000er-Jahren vertrieben worden waren. Neben Zinsen sollten Sparer:innen auch attraktive Prämien erhalten, vor allem bei langer Spardauer. Nach Rechtsauffassung der Verbraucherzentrale waren die Kündigungen unwirksam. Außerdem hat die Sparkasse Zinsklauseln verwendet, die nicht rechtmäßig sind. Deshalb hat der vzbv am 28. Februar 2023 Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Altenburger Land beim Thüringer Oberlandesgericht eingereicht. Am 24. Mai 2023 wurde das Klageregister eröffnet. Wer an der Musterklage teilnehmen wollte, musste sich dort eintragen oder eintragen lassen. Mehr als 400 betroffene Verbraucher:innen haben dies getan.
Wie kam es zu dem Vergleich?
Inzwischen hat der Bundesgerichtshof in einem Einzelverfahren (Klage eines einzelnen Verbrauchers) festgestellt, dass die Sparkasse Altenburger Land den benannten Sparvertrag „S-Vermögensplan“ nicht hätte kündigen dürfen. Deshalb haben der vzbv und die Sparkasse Altenburger Land den Rechtsstreit abgekürzt und einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen.
Der Vergleich hat entscheidende Vorteile für die Verbraucher:innen, die sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen hatten. Mit ihm hat der vzbv weit mehr erreicht, als es das ursprünglich angestrebte Urteil vermocht hätte.
So wurde nicht nur festgehalten, dass die Kündigungen durch die Sparkasse hinfällig sind, sondern auch, zu welchen Konditionen die Verträge weitergeführt oder beendet werden können. Das hätte jede bzw. jeder Einzelne bei einem Urteil selbst mit der Sparkasse Altenburger Land verhandeln müssen.
Was beinhaltet der Vergleich?
Folgendes hält der Vergleich fest:
- Die Kündigungen durch die Sparkasse Altenburger Land sind hinfällig.
- Die an der Musterfeststellungsklage beteiligten Verbraucher:innen können ihren Vertag zu den bestehenden Konditionen fortführen oder zwischen zwei Arten der Abfindung wählen. Die Zahlung soll dabei den Nachteil, der den Sparer:innen durch die vorzeitige Beendigung des Sparvertrages entsteht, ausgleichen.
Außerdem hat der vzbv durchgesetzt, dass den Teilnehmer:innen an der Musterklage keine Nachteile dadurch entstehen, dass sie nach Kündigung ihrer Prämiensparverträge keine Sparraten mehr eingezahlt oder bereits angespartes Geld entnommen haben.
Im Gegenzug hat der vzbv sich allerdings auch verpflichtet, die Musterfeststellungsklage zurückzunehmen. Das war notwendig, damit die Sparkasse ihrerseits zu den weitreichenden Zugeständnissen bereit war. Die Sparkasse hat sich außerdem verpflichtet, die Verfahrenskosten zu bezahlen.
Welche Vorteile hat der Vergleich für die Sparenden gegenüber einem Urteil?
Die Regelungen, auf die sich der vzbv und die Sparkasse geeinigt haben, gehen weit über die Wirkung des ursprünglich angestrebten Urteils hinaus. Das Urteil hätte zwei Fragen geklärt: Hätte die Sparkasse die Verträge kündigen dürfen? Und: War die vereinbarte Zinsanpassungsklausel rechtmäßig? Bei einem Urteil im Sinne der Sparenden hätte jede und jeder Einzelne erneut auf die Sparkasse zugehen müssen, um zu regeln, wie der eigene Vertrag weitergeführt oder abgefunden werden soll. Dieser Schritt bleibt den Verbraucher:innen nun erspart.
Dass in Prämiensparverträgen verwendete Zinsklauseln von Sparkassen unzulässig sind, wurde bereits in mehreren Urteilen gerichtlich festgestellt, auch durch den BGH. Umstritten ist noch, wie die Zinsen neu zu berechnen sind, wie hoch also Nachforderungen von Verbraucher:innen ausfallen können.
Mit dieser Frage wird sich am 9. Juli der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigen.
Welche drei Optionen bietet der Vergleich?
Variante 1: Ihr Prämiensparvertrag wird weitergeführt. Sie müssen die Sparraten, die im Zeitraum seit der Kündigung hätten eingezahlt werden müssen, innerhalb von vier Wochen nachzahlen. Wurde das Sparguthaben ganz oder teilweise vom Sparkonto ausgezahlt, müssen diese Beträge ebenfalls innerhalb von vier Wochen wieder auf das Sparkonto eingezahlt werden. Wie lange Ihr Vertrag dann noch weiter läuft, ist in dem Vergleich nicht geregelt. Dies ist bei jedem Vertrag unterschiedlich – abhängig davon, wann er abgeschlossen und wie er bespart wurde. Auch die Frage der Zinsberechnung bleibt in der Variante 1 weiterhin offen. Sie muss individuell zwischen Ihnen und der Sparkasse geklärt werden, im Zweifelsfall vor Gericht.
Variante 2: Ihr Prämiensparvertrag wird nicht weitergeführt. Er endet mit der Kündigung durch die Sparkasse zum 31. Dezember 2020. Im Gegenzug leistet die Sparkasse eine Entschädigungszahlung. Diese beträgt das Fünffache der zuletzt vor der Kündigung durch die Sparkasse gezahlten Jahresprämie. Mit dieser Zahlung sind die Ansprüche aus dem Prämiensparvertrag zwischen Ihnen und der Sparkasse Altenburger Land abgegolten. Nicht erfasst sind bei dieser Variante etwaige Nachzahlungen wegen falsch berechneter Zinsen. Sie können gesondert auf die Sparkasse zugehen und Zinsnachzahlungen einfordern.
Variante 3: Ihr Prämiensparvertrag wird nicht weitergeführt. Er endet mit der Kündigung durch die Sparkasse zum 31. Dezember 2020. Im Gegenzug leistet die Sparkasse eine Entschädigungszahlung. Diese beträgt das Achtfache der zuletzt vor der Kündigung durch die Sparkasse gezahlten Jahresprämie. Mit dieser Zahlung sind sämtliche Ansprüche aus dem Prämiensparvertrag zwischen Ihnen und der Sparkasse Altenburger Land abgegolten. Sie können keine Forderungen mehr an die Sparkasse wegen eventuell falsch berechneter Zinsen stellen. Wer sich für diese Variante entscheidet, dem bietet die Sparkasse eine alternative Geldanlage in Form eines Sparkassenbriefes mit drei Jahren Laufzeit und drei Prozent Zinsen pro Jahr an. Das Angebot für diese Geldanlage ist bis zum 31. Juli 2024 befristet.
Werde ich nun von der Sparkasse angeschrieben?
In dem Vergleich verpflichtet sich die Sparkasse, alle im Klageregister eingetragenen Verbraucher:innen anzuschreiben. Die Sparkasse bietet Ihnen in diesem Schreiben drei Vergleichsvarianten an.
Nicht angeschrieben werden Verbraucher:innen, die zwar noch im Register stehen, aber mit der Sparkasse bereits eine Vereinbarung abgeschlossen haben.
Für wen wirkt der Vergleich?
Der Vergleich zwischen dem vzbv und der Sparkasse gilt nur für Verbraucher:innen, die in das Klageregister eingetragen sind und mit der Sparkasse noch keine Vereinbarung abgeschlossen haben. Verbraucher:innen, die nicht im Klageregister eingetragen sind, werden von der Sparkasse nicht angeschrieben. Da diese Verbraucher:innen nicht Teilnehmer der Musterklage sind, unterfallen diese dem Vergleich auch nicht.
Ich hatte mich der Klage angeschlossen. Was muss ich nun tun?
Sie werden automatisch von der Sparkasse angeschrieben, wenn Sie im Klageregister eingetragen sind. Dem Anschreiben der Sparkasse liegt ein Antwortschreiben an die Sparkasse bei. Dieses muss innerhalb von vier Wochen an die Sparkasse zurückgeschickt werden. Diese Frist beginnt mit dem Datum des Poststempels auf dem Brief, den die Sparkasse mit dem Vergleichsangebot an die Verbraucher:innen versendet hat. Sie müssen in jedem Fall innerhalb dieser Frist der Sparkasse mit dem beigefügten Antwortformular antworten, wenn Sie eines der drei Angebote der Sparkasse annehmen wollen. Auf die Vierwochenfrist wird auch im Anschreiben der Sparkasse hingewiesen.
Ich bin nicht im Register eingetragen. Was gilt für mich?
Wenn Sie nicht im Register eingetragen sind, gilt der Vergleich nicht für Sie. Sie müssen etwaige Ansprüche auf eigene Faust geltend machen und durchsetzen. Zu Einzelheiten sollten Sie sich Rechtsrat einholen.
Durch den Abschluss des Vergleiches und der unmittelbar darauffolgenden Rücknahme der Musterfeststellungsklage durch den vzbv, ist die Musterfeststellungsklage beendet. Mit der Rücknahme der Klage wird das Klageregister geschlossen. Eine Eintragung in das Klageregister ist deshalb nicht mehr möglich.
Was ist, wenn ich mit dem Vergleich nicht einverstanden bin?
Sind Sie mit dem Vergleich nicht einverstanden und nehmen keines der Angebote der Sparkasse an, können Sie Ihre möglichen Ansprüche selbst gegen die Sparkasse durchsetzen. Dafür sollten Sie sich allerdings nicht viel Zeit lassen, da sonst die Verjährung droht. Zu Einzelheiten sollten Sie sich Rechtsrat einholen.
Wo und von wem kann ich mich beraten lassen?
Bei weitergehenden Fragen zum abgeschlossenen Vergleich zwischen dem vzbv und der Sparkasse Altenburger Land, können Sie die individuelle Beratung der Verbraucherzentrale Thüringen nutzen. Wir beraten persönlich in Altenburg und Gera oder telefonisch. Einen Termin erhalten Sie unter der Telefonnummer 0361 555 14 0.